Finanzmanagement

Finanzielles Handeln - Warum Anfangen so schwer ist

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2.8.2024

Ja, wir alle kennen es und wir alle haben es schon malgetan: etwas aufgeschoben. Zum Beispiel mussten wir für eine Prüfung lernen und ganz plötzlich war selbst das Aufräumen in der Wohnung die angenehmere Alternative. Das Gehirn lernt so leider, dass Aufschieben kurzfristig mit positiven Konsequenzen (aufgeräumte Wohnung) einhergeht.1 Die unerledigte Aufgabe bleibt allerdings im Hinterkopf und das Aufschieben führt wohl kaum dazu, dass wir uns gut fühlen.

 

Bei diesem Phänomen spricht man von Prokrastination, also dem Vertagen einer Aufgabe trotz möglicher negativer Konsequenzen.

 

So leiden viele von uns auch beim Thema Finanzen an Aufschieberitis. Gerade in Bezug auf langfristige Finanzplanung. Eine Umfrage der AXA und YouGov (2023)2 fand heraus, dass knapp die Hälfte aller deutschen Frauen (47%) und 37% der Männer, die sich eigentlich um ihre finanzielle Zukunft und Vorsorge kümmern wollen, diese aufschieben. Bei jüngeren Umfrageteilnehmer:innen waren es sogar mehr als die Hälfte.

 

Warum aber schieben wir finanzielles Handeln auf? Eingrundsätzliches Problem ist, dass unser Gehirn kurzfristige Bedürfnisse überlangfristige Ziele priorisiert. Denn durch das Erfüllen kurzfristiger Bedürfnisse erhalten wir auch eine sofortige Belohnung. Das ist erstmal schön. Das Belohnungsgefühl nutzt sich aber schnell ab. In puncto Finanzen sind die Hauptgründe zusätzlich meist zu wenig Finanzwissen, zu wenig Geld, zu wenig Zeit und schlichtweg andere Prioritäten. Zudem fühlen sich viele Menschen von bestehenden Finanzangeboten nicht ausreichend abgeholt bzw. machen Finanzen ihnen einfach keinen Spaß. Und wenn sie sich dann durch den Finanzdschungel wurschteln, fällt Studien zufolge vor allem Frauen oft die Umsetzung schwer, da sie Angst vor falschen Entscheidungen und Fehlern haben.3,4 Verständlich.

 

Allerdings führt das im schlimmsten Fall zu finanziellem Stress und zu wirtschaftlichen Konsequenzen wie Renditeverlust oder sogar Altersarmut.

 

Wie kann man einer solchen Aufschieberitis aber entgegenwirken?

1. Finanzielle Entscheidungen können schnell überfordern. Die große Anzahl an Angeboten und Produkten kann überwältigend sein. Und wenn wir uns überfordert fühlen, wissen wir oft nicht, wie wir überhaupt mit etwas beginnen sollen. Dann versuchen wir, alles auf einmal zu erledigen und erledigen am Ende gar nichts. Wichtig ist daher, große Vorhaben wie Finanzmanagement und Altersvorsorge in kleine, machbare Aufgaben herunterzubrechen.5 Ganz getreu dem Zitat von Mark Twain: „Das Geheimnis des Vorankommens ist anzufangen. Das Geheimnis des Anfangens liegt darin, komplexe, überwältigende Aufgaben in kleine, managebare Aufgaben herunterzubrechen und mit der ersten davon anzufangen.“ So kommt man überhaupt erstmal ins Tun, setzt sich realistischere Ziele und kann kleine Erfolge feiern.

 

2. Mit anderen über Finanzen und Geld sprechen, sich austauschen und sich sogar Mitstreiter:innen suchen. Zusammen geht es viel leichter als allein. Oft ist über Geld sprechen, mit Scham verbunden oder gilt als zu privat, dabei hates gleich mehrere Vorteile. Es erhöht das finanzielle Wohlbefinden, erhöht dasFinanzwissen, macht Finanzen transparenter und führt dazu, dass wir uns um unsere Finanzen kümmern.

 

3. Uns feste Termine setzen, zum Beispiel ein monatliches Date mit uns und unseren Finanzen, das wir uns möglichst angenehm gestalten, mit einem leckeren Kaffee oder Glas Wein. Durch die feste Planung priorisieren wir unser Finanzmanagement in unseren stressigen Alltag ein.

 

4. Uns selbst austricksen – Am Ende ist es bei Finanzen ein bisschen wie mit einer Diät. In einer Woche können wir uns leicht vorstellen, gesünder zu leben, zum Beispiel einen Apfel statt Schokolade zu essen. Am Tag selbst wir des uns deutlich schwerer fallen. Also verknüpfe dein Vorhaben in der Zukunft, z.B. einen festen Betrag zu sparen, direkt mit einem Automatismus (z.B. dem Einrichten eines Dauerauftrages) heute.

 

5. Finanzangeboten nutzen, die Finanzpsychologie einbeziehen bzw. uns darüber aufklären. Denn das erleichtert es uns, gute Entscheidungen für unsere finanzielle Zukunft zu treffen.6

 

Am Ende ist es so: Fast jede:r schiebt Aufgaben vor sich her. Finanzen sind allerdings so wichtig, dass wir in diesem Fall unsere Aufschieberitis überwinden sollten bzw. uns diese schlichtweg nicht leisten können. Frühes Anfangen lohnt sich für unser Wohlbefinden, aber auch finanziell. In diesem Zuge des Anfangens sollten wir uns aber von dem Gedanken loslösen, dass gerade Handlungen, wie in Aktien, Fonds und ETFs zu investieren, die oft eine gewisse Unsicherheit und ein Risiko mit sich bringen, auch gleich eine jahrelange Verpflichtung darstellen, sondern uns auch die Option bewusst machen, Dinge mal auszuprobieren, beim Tun (nach Aneignen von Grundlagenwissen)zu lernen und dann den richtigen Weg für uns selbst zu finden – mit hilfreichen Tools, professioneller Beratung oder gemeinsam mit unserem privaten Umfeld.

 

 

Quelle:

1.    Deutschlandfunk (2023): Was hilft gegen Aufschieberitis?,

2.    AssCompact (2023): Prokrastination: Viele Frauen schieben Altersvorsorge auf

3.    Sparkassen Innovation Hub (2021): Female Finance.

4.    Futura (2023): Finance for everyone.

5.    Psychology today (2023): How to Tackle Financial Procrastination,

6.    money.com (2016): The Science Behind Why You Don't Save (AndWhat To Do About It)